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18. März 2021

Wer den Schutz des Hafens der Ehe nicht sucht, der hat ihn auch nicht verdient? Wie sich unverheiratete Paare im Krankheits- und Todesfall absichern können

Wer den Schutz des Hafens der Ehe nicht sucht, der hat ihn auch nicht verdient? Wie sich unverheiratete Paare im Krankheits- und Todesfall absichern können

A gschlamperts Verhältnis oder auf hochdeutsch eine wilde Ehe ist im 21. Jahrhundert längst salonfähig geworden. Nach Erhebungen des statistischen Bundesamtes leben rund 3 Millionen Paare in Deutschland ohne Trauschein zusammen. So gschlampert ist die Beziehung also gar nicht mehr. Aber gilt die gesellschaftliche Anerkennung dieser Form des Zusammenlebens auch vor dem Gesetz? In rechtlicher Hinsicht müssen unverheiratete Paare allerdings immer noch erhebliche rechtliche und steuerrechtliche Kröten schlucken, wenn sie den Schutz des Hafens der Ehe nicht suchen.

Was passiert im Krankheitsfall?

Erkrankt ein Mensch so sehr, dass er nicht mehr geschäftsfähig ist und die Dinge des Alltags nicht mehr alleine bewältigen kann, wird für ihn ein gesetzlicher Betreuer bestellt. Das gilt jedenfalls dann, wenn er nicht in gesunden Tagen eine rechtsgültige General- und Vorsorgevollmacht errichtet und einen Wunschbevollmächtigten benannt hat, der für ihn im Rechtsverkehr auftreten darf. Viele Menschen glauben, dass der Ehegatte automatisch für sie handeln darf, wenn sie erkranken. Das ist ein Irrglaube. Der Trauschein alleine nützt im Bereich der rechtlichen Vertretung regelmäßig nichts. Die gute Nachricht für unverheiratete Paare lautet also: Sie sind gegenüber verheirateten Eheleuten nicht schlechter gestellt. Die schlechte Nachricht lautet: Sie müssen aktiv werden!

Eine General- und Vorsorgevollmacht kann an sich bereits mündlich errichtet werden, um formgültig zu sein. Freilich nützt eine mündliche Erteilung wenig, wenn der Bevollmächtigte die Bevollmächtigung im Rechtsverkehr nicht nachweisen kann. Mindestens schriftlich sollte sie daher schon sein. Verfügt der Vollmachtgeber über Immobilien- und/oder Gesellschaftsvermögen, kommt ein weiteres Formerfordernis hinzu. In diesen Fällen muss die Vollmacht nämlich in öffentlicher Form errichtet werden, sprich von der Betreuungsbehörde oder besser noch notariell beglaubigt oder beurkundet werden, um umfassend zu greifen. Eine gute Vollmacht muss wie ein guter Maßanzug an Ihre persönlichen Bedürfnisse angepasst werden. Seien Sie daher vorsichtig mit Vordrucken aus dem Internet oder Broschüren, deren Inhalt Sie nicht zur Gänze verstehen. Besser ist es, sich von einem in Vorsorgefragen versierten Rechtsanwalt oder Notar beraten zu lassen.

Wie sieht die Rechtslage im Erbfall aus?

Stirbt ein Mensch ohne verheiratet gewesen zu sein, betrachtet das Gesetz den hinterbliebenen Partner wie einen fremden Dritten. Ihm steht anders als dem Ehegatten kein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht zu. Eine rechtliche Absicherung im Todesfall gibt es für den Partner nur in ganz engen Grenzen. So müssen die Erben bei einem gemeinsamen Hausstand bspw. nur während der ersten 30 Tage nach dem Erbfall Unterhalt bezahlen. Eine werdende Mutter hat nur bis zur Entbindung Anspruch auf Unterhalt gegenüber den Erben, wenn sie sich selbst nicht unterhalten kann. Wem dieses Ergebnis nicht gefällt, der muss wie schon im Rahmen der Krankheitsvorsorge aktiv werden. Aktiv wird man, indem man ein Testament errichtet, das gesetzliche Erbfolgesystem durchbricht und den Partner von Todes wegen bedenkt.

Soll die letztwillige Verfügung für beide Seiten bindend sein, so dass auch nach dem Tod eines Partners keine Änderungen mehr möglich sind, ist der Gang zum Notar unausweichlich. Eine Bindung von Todes wegen erreicht man nämlich nur über einen Erbvertrag, der notariell beurkundet werden muss. Paare, die diese massive Bindung nicht wünschen, können natürlich auch zwei einzelne Testamente errichten und diese gegebenenfalls auch aufeinander abstimmen.

Geachtet werden sollte auch auf die Anspruchslage von weiteren pflichtteilsberechtigten Personen, darunter gemeinsame Kinder oder Kinder aus früheren Beziehungen. Soll der Partner nicht in Bedrängnis geraten im Erbfall, ist in vielen Fällen ein klärendes Generationengespräch sinnvoll. Nur freiwillige Verzichtserklärungen, die ihrerseits notariell beurkundet werden müssen, um wirksam zu sein, schalten die Ansprüche pflichtteilsberechtigter Personen vollends aus. Sofern eine ausgewogene Verteilung des Vermögens erreicht werden und auch die erbschaftsteuerliche Lage angemessen berücksichtigt werden soll, bieten sich Lösungen an, wonach Erbenstellung und Vermächtnisnehmerposition miteinander verbunden werden können. Beispielsweise könnten die Kinder zu Erben eingesetzt und dem längerlebenden Partner vermächtnisweise ein Wohnrecht an der selbstgenutzten Immobilie zugesprochen werden.

Stichwort Steuer!

Die erbschaft- und schenkungsteuerliche Situation unverheirateter Paare ist trotz jeder Kreativität, die ein im Erbrecht versierter Berater bei der Umsetzung der Gestaltung walten lässt, fatal. Unverheiratete Paare haben nämlich lediglich einen nahezu kümmerlichen Freibetrag von 20.000 EUR. Jeder darüber hinaus lebzeitig oder von Todes wegen zugewendete Cent wird mit 30% besteuert. Diese unglückliche Situation lässt sich leider so gut wie kaum verbessern. Ein wenig Linderung können weitere Steuerbefreiungen, wie z.B. für den Hausrat (maximal 12.000 EUR) oder für Pflegeleistungen (maximal 20.000 EUR) verschaffen. Erblasser, die sich bei der Errichtung ihrer letztwilligen Verfügung haben rechtlich beraten lassen, wissen eventuell noch um die Möglichkeit, die Tragung der Erbschaftsteuerlast im Innenverhältnis der von ihnen zu Erben und Vermächtnisnehmer begünstigten Personen anders zu verteilen. Den berühmten Bock machen diese Vergünstigungen und Kniffe aber nicht fett. Das Finanzamt fordert seinen Tribut – auch wenn er im Innenverhältnis vom längerlebenden Partner auf Dritte oder die Kinder abgewälzt werden kann. Sinnvoll sind in diesen Fällen Konstruktionen außerhalb des Testaments. Wird eine Lebensversicherung abgeschlossen und wird zum Versicherungsnehmer derjenige eingesetzt, der abgesichert werden soll, fällt beim Tod der versicherten Person keine Erbschaftsteuer auf die Versicherungssumme an, wenn der Versicherungsnehmer die Prämien selbst bezahlt hat.

Was ist nun das Resümee?

Ein Zusammenleben ohne Trauschein ist gesellschaftlich keineswegs anrüchig. In rechtlicher Hinsicht müssen unverheiratete Paare allerdings immer noch erhebliche rechtliche und steuerrechtliche Kröten schlucken, wenn sie den Schutz des Hafens der Ehe nicht suchen. Natürlich ist eine Heirat alleine aus steuerlichen Gründen oft keine Lösung. Sofern eine gesunde Portion Romantik allerdings hinzukommt, macht eine Eheschließung erbrechtlich und steuerrechtlich in jedem Fall Sinn. Eine begleitende optimale familienrechtliche Absicherung lässt sich zusätzlich über einen ausgewogenen Ehevertrag erreichen.

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Giuseppe Pranzo Giuseppe Pranzo
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